Mittlerweile begreifen politische Entscheider, dass der Beitrag der Biogasbranche zur Erzeugung von Strom und Wärme im Konzert der weiteren Quellen erneuerbaren Energie nicht vernachlässigbar ist. Das Biogas-BHKW mit optimaler Flexibilisierung und Wärmeauskopplung ist essentiell für Speicherkraftwerke, die in Dunkelflauten die Residuallasten abdecken können, ohne nach fossilen Energieträgern rufen zu müssen. Die realisierten Leuchttürme von Speicherkraftwerken haben ihren “Lackmustest” bereits vor Ort bestanden, dass dies auch in der Praxis funktioniert. Ein Netz von vielen dezentralen Einspeisern erneuerbarer Energien ist darüberhinaus unbestritten um ein Vielfaches resilienter gegenüber Netzstörungen als die ausschließliche Energieversorgung  über Großkraftwerke. Vor diesem Hintergrund haben landwirtschaftliche Betreiber von Biogasanlagen im Frühjahr 2025 in mehreren Regionalkonferenzen mit Bundes- und Landes- sowie Kommunalpolitikern ihre Investitionsprojekte  im sieben- und achtstelligen Euro-Umfang vorgestellt. Diese konkreten Investitionsvorhaben in Speicherkraftwerke mögen neben klaren regulatorischen Randbedingungen weitere Betriebe motivieren, in den weiteren Ausbau flexibilisierter Biogas-BHKWs mit Wärmeauskopplung zu investieren.

Für den wirtschaftlichen Erfolg derartiger Investitionsprojekte sind Fragen des Flexibilisierungskonzeptes zu stellen, die im Einzelfall vor Ort sehr unterschiedliche Antworten ergeben können. Die ertragsoptimale Verwertung des flexibel erzeugten Stromes und der Wärme lassen erwarten, dass Betreiber mit Blick auf ihr Biogas-BHKW seine Nische zu Vermarktung in der kälteren Hälfte eines Jahres suchen und finden muss. Vor dem Hintergrund der aktuellen Wetterkapriolen und des tendenziell starken Klimawandels sind dann Gasspeicher und Wärmepufferspeicher so auszulegen, dass wirtschaftlich ein Biogas-BHKW mit optimaler Flexibilisierung und Wärmeauskopplung dabei herauskommt.

1. Kriterien eines Flexibilisierungskonzeptes

Ein Biogas-BHKW mit optimaler Flexibilisierung und Wärmeauskopplung muss zwei Märkte bedienen: den Strom- und den Wärmemarkt. Wobei letzterer noch unterschieden werden muss in Heizungswärme und gewerblich genutzter Prozesswärme. Gerade der letztgenannte Bereich bietet durchaus noch beträchtliche Wachstumsperspektiven, da Hersteller energieintensiv gefertigter Produkte ein großes Interesse an grüner Prozesswärme haben. Diese Hersteller benötigen einen niedrigen “Carbon Footprint” ihrer Produkte für ihr Großhandels-Listing. Dafür lässt das Biogas-BHKW mit auskoppelbarer Prozesswärme von mehr als 200°C dann auch schön grüßen.

Die Jahresbetriebsstunden sind vor dem Hintergrund des Zubaues an Wind und Solarstrom-Kapazitäten sowie der verbleibenden Betriebsstunden mit Börsenstromerlösen oberhalb von 2 Cent/kWh  konservativ zu schätzen. Dies reduziert zwar die verfügbaren Betriebsstunden pro Jahr, auf der anderen Seite sorgt eine starke Überbauung dafür, dass Effizienzgewinne eines großen Megawatt-Aggregates für den notwendigen Ertrag sorgt. Dazu gehört eine Risiko-Management und eine saubere Betriebsdatenanalyse.

2. Was bedeutet Flexbetrieb mit hoher Überbauung?

Vor wenigen Jahren war fünffache Überbauung das Maximum. Heute sind wir bei maximal 10-facher Überbauung (Biomethan-Peaker mit 800 Betriebsstunden pro Jahr). Das darf auch alles so sein, aber angepasst an die lokalen, spezifischen Anforderungen eines Betriebes. Und das wird dann genau durchgerechnet, ob am Ende des Tages auch ein profitabler Anlagenbetrieb möglich ist.

Je höher die Überbauung ist, desto geringer sind die täglichen Betriebsstunden. Desto größer sind auch die Stillstandszeiten des BHKWs. Die Biogasanlage produziert aber kontinuierlich – also bedarf es eines ausreichend großen Reingasspeichers. Eine Biogasaufbereitung zu “flexibilisieren” ist theoretisch möglich, praktisch aber nicht zu empfehlen, da viel zu teuer. Ein Reingasspeicher löst das Dilemma auf und ermöglicht ausreichend große Schluckvolumina der (großen) Flexaggregate, die nur wenige Stunden am Tage laufen. Die Bakterien produzieren auch nachts – das Flex-BHKW nicht (Strompreis ist dann im Keller).

3. Kalt-Warm-Wechsel

Sechsfache Überbauung bedeutet 2 Schichten á 2 Stunden Volllast für das Biogas-Aggregat und 20 Stunden Stillstand pro Tag. Wenn der Gas- und Wärmepufferspeicher groß genug sind, wäre zu überlegen, ob man wegen der niedrigeren Strom-Preise am Wochenende das BHKW gar nicht fährt, die Fütterung entsprechend sensibel anpasst und nur eine “Bereitschaft” bereithält, um im Notfall schnell handeln zu können (Gärstrecke und BHKWs). Natürlich wird der Wärmepufferspeicher von Freitagnachmittag bis Montagmorgen  ca. 60 Stunden überbrücken, damit kein Wärmeabnehmer “kalt” wird. Auch Prozesswärme könnte je nach Lage des Schichtbetriebes am Wochenende gefordert werden.

Wenn das Biogasaggregat starten soll, muss das aufbereitete Biogas warm vor Ort sein, also am Doppelblockventil der Gasregelstrecke anstehen. Die Aktivkohle wird schon eine Stunde vorher vorgewärmt, denn kalte Aktiv-Kohle konvertiert ja nicht. Und am Vortage steht schon fest, wann das Biogas-BHKW-Aggregat am nächsten Morgen loslegen soll. Aber nur bei automatisiertem Fahrplan eines Dienstleisters,  der den ertragsoptimalen Startzeitpunkt der Zeitscheibe nach den drei relevanten Kriterien festlegt.

Auch der Biogasmotor wird in den Kühlkreisläufen vorgewärmt, damit der Motorkühlkreislauf und der Schmierölkreislauf für optimale Startbedingungen sorgen.

4. Full-Service-Verträge machen Wartungskosten planbar

Die Planbarkeit und Transparenz der Wartungskosten ist nur ein Aspekt eines mehrjährigen Full-Service-Wartungsvertrages, der mit Preisgleitklauseln nach Industriestandards  auch das  Maschinenbruchrisiko enthalten kann. Der Leistungsumfang und Geltungsbereich für welchen Lieferumfang ist genau zu spezifizieren, ebenso die gewünschte Leistungstiefe des Dienstleistungsumfanges. Wenn dies klar geregelt ist, können solche Verträge eine Vielzahl von Jahren zur Zufriedenheit beider Seiten funktionieren. beide Seiten haben dann ein gleichgerichtetes Interesse, dass der Betreiber ohne ungeplante Stillstände des BHKWs seinen Fahrplan erfüllt und Geld verdient.

Vor Abschluss eines derartigen Full-Service-Vertrages steht eine ausführliche Vertragsverhandlung unter Einbindung aller erforderlichen Anlagen, damit sich eine Win-Win-Situation einstellt und die Risiken eines Flexbetriebes fair verteilt werden und niedrig bleiben, weil beide Seite zeitnah die Betriebsdaten im Auge behalten und zeitnah reagieren können.

5. Keine Angst vor Groß-Wärmepufferspeichern und neuen Techniken der Wärmespeicherung

Viele Betreiber, die flexibilisert haben, bedauern, dass sie nicht in größere Wärmepufferspeicher investiert haben. Es ist ja nicht sinnvoll, dass ein BHKW laufen muss, nur weil die Wärmekunden drohen, “kalt” zu werden. Dann müssen niedrige Strompreise in Kauf genommen werden. Wärmepufferspeicher rentieren sich erstaunlich schnell, deshalb sind diese ausreichend groß zu dimensionieren. Auch mehrtägige BHKW-Ausfälle verlieren dann ihren Schrecken und schonen das Nervenkostüm des Betreibers, da das Wärmenetz bei ausreichender Dimensionierung des Wärmepufferspeichers nicht kalt wird. Außerdem schützt dies vor Wärmeersatzlieferung, die gerade im Winter bei mangelnder Verfügbarkeit eines “Hotmobiles” teuer werden kann.

Gerade im ländlichen Raum tun sich Betreiber von Biogasanlagen mit Flexaggregaten zur Wärmeauskopplung schwer. in der Wärmevermarktung. Ungünstige Streckenverläufe mit geringer Anschlusssleistung für Heizwärme oder entfernt gelegene gewerbliche oder auch kommunale Wärmeabnehmer stehen gegen die anstehenden Wärmekonzepte der Kommunen und unzureichender Kenntnis gewerblicher Produktionsbetriebe  mit Prozess- und Heizwärmebedarf und dem Heizwärmebedarf von kommunalen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Altenpflegeeinrichtungen, Bäderbetriebe etc..

Es gibt bereits stationäre Wärmepufferspeicher mit höherer Energiedichte und weniger Platzbedarf als wassergeführte Wärmepufferspeicher mit Druckhaltung : Sandspeicher  sind hier eine ernst zu nehmende Alternative. Auch der mobile Transport von Wärme über genehmigungstechnisch hohe Hürden wie Autobahnnen, Gleise, Schifffartswege etc. ist mit Container-basierten Transporteinheiten von Wärme für entweder hohe Auskoppel-Wärmeleistung oder Auskoppel-Wärmemenge für Temperaturen von 200°C bis 1300°C gelöst.

Den nächsten Kurzworkshop “Biogas-BHKW mit optimaler Flexibilisierung und Wärmeauskopplung”  am 27.11.2025 können Interessierte unter diesem Link buchen.