Anläßlich des 7. Biogas Branchentreffs in Rendsburg am 21. September 2023 zeigte Martin Laß aus Gettorf seinen Vortrag zum Thema “kommunale Wärmewende”. Dieser zeigt, wie groß das Potenzial gerade für den ländlichen Raum ist, mit erneuerbaren Energien auch die Wärmeversorgung sicherzustellen. Schon früh hat Martin Laß die Möglichkeiten eines flexiblen Biogas BHKW-Betriebes für seinen Betrieb genutzt: nämlich die Potenziale von Biogas optimal einzusetzen und den neuen Herausforderungen der Energiemärkte für Strom und Wärme anzupassen.
Kommunale Wärmewende mit Zusatznutzen für die Bürger
Großstädte tun sich schwer damit, ihre Wärmeversorgung über die vorhandenen Wärmenetze mit “grüner Wärme” umzusetzen. Dagegen kann der ländliche Raum damit punkten, dass die zu versorgenden Quartiere eine überschaubare Größe haben. Diese passen gut zu den auskoppelbaren Wärmemengen von Biogas-BHKWs. Sind keine Wärmenetze vorhanden, werden diese gleich so gebaut, dass neben der Wärmeversorgung auch schnelles Internet kommt. Und im optimalen Fall wird auch ein Lade-Stromnetz für E-Mobilität zu Entlastung der kommunalen Stromversorgung integriert.
Flexbetrieb sorgt für hohe Erträge der Biogasanlage
Das Biogas-Speicherkraftwerk macht sich die Stärken des speicherbaren Kraftstoffes Biogas zu nutze: immer dann, wenn Sonne und Wind nicht liefern können und die Nachfrage nach Strom hoch ist, liefert das Biogas-BHKW Strom. In dieser Zeit lädt das BHKW den Wärmepufferspeicher auf. Wärme steht dann aus dem gefüllten Wärmepufferspeicher den Wärmeverbrauchern zur Verfügung. Die Lieferung von Strom und Wärme ist damit vollständig entkoppelt. Strom wird nur in den Phasen hoher Nachfrage am Markt mit hohen Erlösen produziert. Dieser Flexbetrieb treibt damit auch die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage.
Biogas kann damit im ländlichen Raum zum wichtigen Baustein für die kommunale Wärmewende werden: die volatilen erneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Wind und Solarthermie werden mit Biogas zu einer erneuerbaren Vollversorgung ergänzt. Wer dieses Thema von der Rohstoffversorgung her weiter denkt, wird feststellen, dass der Bedarf an Substrat für die Biogasanlage mit der Zeit sogar sinken wird. Schon heute kommen aus Preisgründen Alternative Substrate für Biogasanlagen zum Zuge. Ebenso sinkt der prozentuale Anteil von Mais als Substrat für Biogasanlagen aufgrund gesetzlicher Auflagen. Wasserstoff aus überschüssiger Windstrom-Produktion könnte zukünftig große Teile des heutigen Maisanteiles ersetzen. Dies hätte auch den Vorteil, dass wertvoller Windstrom nicht ab geregelt werden muss, sondern verbraucht werden kann.
Sektorkopplung als Zukunftslösung
In den nächsten Jahren ist von einem massiven Ausbau der Stromerzeugung aus Sonne und Wind auszugehen. Dies wird dazu führen, dass der Anteil an erneuerbaren Energien von Biogas-Strom und -Wärme circa 30-40 % des Gesamtbedarfs an erneuerbaren Energien vor Ort ausmachen wird. Wind und Sonne werden 60-70 % des Gesamtbedarfs leisten. Die kommunale Wärmewende mit der Sektor-Kopplung nimmt in der 8000-Einwohner-Gemeinde Gettorf konkret Gestalt an. Der Weg ist nicht mehr weit bis zur 100 % CO2 – neutralen Quartierslösung. Erneuerbare Nahwärme, Aufbau einer leistungsstarken Ladestrom-Infrastruktur und ein Glasfasernetz sind Vorteile, die viele Bürger in Gettorf heute nutzen können.
Was sind die Erfolgsfaktoren für diese innovative und beispielgebende Quartierslösung ? Der wichtigste Erfolgstreiber scheint das lokale Bürgernetz zu sein. Bürger, der Energieerzeuger und die Gemeinde ziehen offenbar an einem Strang. Diese Lösung erforderte aber auch Beharrlichkeit, Geduld und Überzeugungskraft seitens des Initiators. Und natürlich beständige Kommunikation und Beratungskapazität für Bürger, die Alternativen suchten. Gerade in Krisenzeiten mit stark steigenden Heizkosten haben sich viele Haushalte nach einer verläßlichen und bezahlbaren Wärmelösung aus erneuerbaren Energien umgeschaut.
Ein Informations- und Energiewende-Informationsbüro informiert und berät Bürger in Gettorf. Unterstützung bei der Suche nach Heizungsfachleuten, Beratung zum Thema Wärmeliefervertrag und Hilfe bei Förderanträgen der BAFA sind nur ein Ausschnitt der Dienstleistungen, die dieses Büro in Gettorf anbietet. Der lokale Bezug des Anbieters, zufriedene Wärmekunden und die Unterstützung der Kommune bilden ein starkes Trio. So dürfte die kommunale Wärmewende in Gettorf erfolgreich weiterlaufen und für Kommunen in ähnlicher Größe und Struktur ein nachahmenswertes Vorbild sein.
Martin Laß hat im letzten Drittel seines Vortrages das Marktpotenzial allein nur für Schleswig-Holstein dargestellt. Seinen Zahlen begründen, warum die in Gettorf etablierte Wärmenetzlösung die attraktivere Lösung im Vergleich zu den propagierten Wärmepumpen-Alternativen darstellt. Hier gibt es den kompletten Vortrag zu Gettorfs kommunaler Wärmewende.