Gasmotorenkonferenz in Dessau
am 11. und 12.4.2019

Am 11. und 12. April 2019 fand in Dessau-Roßlau zum wiederholten Male die 11. Gasmotorenkonferenz statt. Sie gab den Teilnehmern einen Überblick über die derzeitigen Entwicklungsrichtungen der Gasmotoren-Entwickler. Ausgerichtet wurde die zweitägige Konferenz von der gemeinnützigen Forschungs- und Entwicklungseinrichtung WTZ Motorentechnik mit Sitz in Dessau-Roßlau. Die rund 300 Teilnehmer kamen zum einen Teil aus Hochschuleinrichtungen, die sich mit Verbrennungskraftmaschinen beschäftigen. Und zum anderen Teil von Herstellern von Gasmotoren mit ihren Zulieferern und Komponentenherstellern.

Gasmotorenkonferenz mit Beiträgen auch für die Biogasbranche

Das Interesse der IG Biogasmotoren an dieser Gasmotorenkonferenz lässt sich leicht begründen, denn für die in der Biogasbranche eingesetzten Biogas-Blockheizkraftwerke geht es um den wirtschaftlichen Betrieb. Dazu gehören auch gute mechanische und thermische Wirkungsgrade der Aggregate, ohne dass die Zuverlässigkeit leidet. Außerdem fordert der Gesetzgeber schon in der nahen Zukunft die sichere Einhaltung der verschärften Emissionswerte. Und mit Blick auf das Thema Wasserstoffeinsatz als anteiliger Kraftstoff eines Gasmotors ist das Betriebsverhalten dieser Motoren natürlich ebenfalls interessant.

Simulationen und neue Entwicklungsmethoden helfen, nicht nur die Entwicklungskosten neuer Motoren zu senken. Entwicklungsprojekte kommen so auch schneller zur Marktreife, was dem Anbieter einen komfortablen Vorsprung im Markt verschaffen kann.

Gasmotorenhersteller unter Druck mit Blick auf Marktanforderungen

Jochen Fuchs (INNIO Jenbacher GmbH & Co AG) stellte die weiterentwickelte Baureihe 4 der Gasmotoren vor. Das V20 Aggregat bietet nunmehr 1600 Kilowatt elektrischer Leistung bei einer um 0,6 Meter reduzierten Motorlänge, was bei begrenzten Platzverhältnissen von Vorteil ist.

Der elektrische Wirkungsgrad verbessert sich um +1,1% Prozentpunkte, der thermische Wirkungsgrad um +0.8% Prozentpunkte (für den Erdgasbetrieb). Gleichzeitig sinken die Emissionen um 20% bei CO und 50% bei Kohlenwasserstoffen. Dank weiterentwickelter Komponenten ist eine große Revision statt nach  60.000 erst nach 80.000 Betriebsstunden fällig.

Frank Grewe (2G Energy AG) kündigte die neue 2G aura Baureihe an. Besonderes Merkmal sei unter anderem das Verbrennungsluftverhältnis 1 im Vergleich zu den zumeist eingesetzten Magermix-Gasmotoren mit einem Verbrennungsluftverhältnis von ca. 1,4 bis 1,7. Außerdem weist diese Baureihe sogenannte „Miller“-Ventilsteuerzeiten auf, die Spitzentemperaturen im Brennraum senken helfen. Dies erleichtert dann die Einhaltung der Abgasvorschriften in Verbindung mit einem Drei-Wege-Kat.

Hohe Wirkungsgrade der Motoren versus Zuverlässigkeit?

Kurt Schmidleitner (AVL List GmbH) gab den Teilnehmern der Gasmotorenkonferenz einen Ausblick auf die Entwicklungsziele der Gasmotoren, die in der Größenordnung von 500 Kilowatt bis 5 Megawatt elektrischer Leistung  in der dezentralen Energieversorgung zum Einsatz kommen.

Die nächste Generation von Gasmotoren findet sich in einem von starkem Wettbewerb gepägten  Marktumfeld wieder. Daher muss diese hohe Wirkungsgrade mit reduzierter Motorgröße, Gewicht und Kosten verbinden. Um hohe Motorwirkungsgrade kombiniert mit hoher Leistungsdichte zu erreichen, seien  Zünddrücke jenseits von 300 bar notwendig, so die Aussage von Schmidleitner.

Aus diesen Gründen müssten Konstrukteure eine Vielzahl von Herausforderungen meistern, die  den Zylinderkopf und dessen Kühlkonzept sowie die Integration der Vorkammer-Komponenten betreffen. Heute erhältliche Hochleistungs-Gasmotoren weisen bei einem Mitteldruck von 20 bis 22 bar maximale Zünddrücke von ca. 200 bar auf, die mittlerweile den Ensatz von Stahlkolben erforderlich machen. Die angestrebte Entwicklung in Richtung 30 bar lässt zwar noch höhere Wirkungsgrade erwarten. Aber die Anforderungen an den Turbolader zur Bereitstellung höheren Ladedrucks und an Zündsysteme für eine hohe Zündleistungen steigen ebenfalls.

Aus Sicht der Biogas-BHKW-Betreiber gibt es die Erwartung, dass sich diese Leistungsverbesserungen nicht negativ auf die Verfügbarkeit und Instandhaltungskosten der Aggregate auswirken. In der jüngsten Vergangenheit sind oftmals bessere Wirkungsgrade mit Problemen in der Zuverlässigkeit erkauft worden. Darunter hat die angestrebte höhere Wirtschaftlichkeit eines BHKWs dann oftmals erheblich gelitten.

Belastungssimulation mit hohem praktischen Nutzen

Zwei anläßlich der Gasmotorenkonferenz vorgestellte Forschungsarbeiten zeigten anschaulich, wie Simulationen den Entwicklungsaufwand für Bauteile oder Komponenten an Gasmotoren wirksam reduzieren können. Die Simulations-Ergebnisse ließen sich durch aufwendige Messungen an den betreffenden Bauteilen mit hoher Übereinstimmung bestätigen.

Im ersten Beispiel stellte Dr.-Ing. Sebastian Ohler (Caterpillar Energy Solutions GmbH in Verbindung mit der MET Motoren und Energietechnik GmbH) dar, wie sich die Temperaturbelastung eines Kolbens mit einer Modellierung der Wärmeübertragung an die Laufbuchse und das den Kolbenboden kühlende Motoröl einerseits modellieren und andererseits auch messtechnisch verifizieren lässt.

Gasmotorenkonferenz zeigt effiziente Simulationsmethoden

Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, wie eine Kolbenform zu optimieren ist, die den Spagat zwischen hoher thermischer und mechanischer Belastung und einer möglichst geringen Verkokungsneigung des Schmieröles bewältigt. Das neuartige Simulationsmodell und die spezielle Messtechnik ermöglicht Fortschritte in der Kolbenform. Diese führt einmal zur besseren Ableitung der im Verbrennungsprozess entstehenden Wärme an die umgebende Laufbuchse. Und zum anderen auch an das Schmieröl, ohne dass dies leidet.

Das zweite Beispiel beschäftigt sich mit der Stickoxidmessung und der Emissions-Optimierung im laufenden Motorbetrieb. Christoph Wesche (IFKM Institut für Kolbenmaschinen in Verbindung mit AVAT Automation GmbH) beschrieb die ersten Teilergebnisse eines längerfristigen Forschungsvorhabens zur innermotorischen Reduktion der NOx-Emissionen. Die vorgestellten Untersuchungen zeigen, dass die Stickoxid-Emissionen mit Hilfe vergleichsweise preisgünstiger Drucksensoren aus dem Verbrennungsdruckverlauf in jedem Zylinder gut abgeschätzt werden können.

Emissionsschätzung mit künstlichen neuronalen Netzen

Die Bildung von Stickoxid wird maßgeblich vom Verbrennungsluftverhältnis und vom Zündzeitpunkt beeinflusst. Mit der zylinderselektiven Zündzeitpunktverstellung besteht nun die Möglichkeit, die ungleichmäßigen Verbrennungsabläufe der Zylinder aneinander anzugleichen. Das Ergebnis ist eine ca. 10 prozentige Absenkung der Rohemission an Stickoxiden.

Die individuellen Beiträge eines jeden Zylinders hieran lassen sich über seinen  Verbrennungsdruck-Verlauf abschätzen. Dieser Druckverlauf kann über preisgünstige Sensoren am Motor gemessen werden. Statt teuerer Einzel-Gasmessungen erlaubt dieses Verfahren einen Rückschluss auf die zylinderindividuelle Stickoxid-Produktion. Die Messergebnisse an einem seriennahen Gasmotor belegen überzeugend die große Korrelation von Druckverlauf und Stickoxidemission.

Wirtschaftliche Methode, um Emissionen zu reduzieren

Den Entwicklern steht so ein kostengünstiges Messverfahren zur Verfügung, die Stickoxidemission pro Zylinder zu erfassen und nicht nur im Abgasrohr für alle Zylinder summarisch zu messen. In Verbindung mit einer ergänzten Motorsteuerung kann auf die Bildung der Stickoxide z.B. mit einer Verstellung des Zündzeitpunktes reagiert werden. Aus diesem Grund kommen dort künstliche neuronale Netze zu Einsatz, die das komplexe System der Stickoxidentstehung gut abbildet.

In der Konsequenz bedeutet dies für den Betrieb des Gasmotors, dass auf der einen Seite schon die Rohemissionen an Stickoxiden im Brennraum reduziert werden. Auf der anderen Seite sinkt der Verbrauch an Harnstoff im SCR-Kat. Zum Vorteil der Umwelt wird es zukünftig preisgünstige Messtechnik und intelligente Motorsteuerungen geben. Betreiber werden dann die gesetzlich geforderten Emissions-Grenzwerte bei geringen Betriebskosten einhalten können.

Anläßlich des Fachsymposiums Biogasmotoren am 5. 9. 2019 in Hamburg werden Referenten von der Gasmotorenkonferenz einzelne Themen vorstellen. Dies betrifft vor allen Dingen Produkte, die unmittelbar vor der Markteinführung stehen und für Betreiber von Biogas-BHKWs wirtschaftlich von Interesse sind. Nähere Informationen zur Veranstaltung und Möglichkeit zur Anmeldung besteht hier.