Am 30. November 2016 haben Landwirte und Biogasanlagen-Betreiber aus Schleswig-Holstein in Brokenlande den Praxisworkshop Flexibilisierung besucht. Dieses Thema ist für die meisten Betreiber von Biogasanlagen noch nicht “durch” und endgültig entschieden. Die zu Beginn der Veranstaltung bei den Teilnehmern abgerufene Erwartungshaltung zeigte einen beträchtlichen Informationsbedarf zu diesem durchaus vielschichtigen Thema.
Die Referenten konnten mit ihren Vorträgen die Erwartungen der Betreiber von Biogasanlagen aus Schleswig-Holstein sehr gut abdecken. Mit Christopher Link von der SK Verbundenergie AG kam ein Flexibilisierungs-Profi in zwei Vorträgen zu Wort, der die Zuhörer zunächst durch die Klippen des Flexibilisierungsprojektes führte. In seinem zweiten Vortrag ging Christopher Link unter anderem ausführlich auf die wirtschaftlichen Zahlen eines konkreten, realisierten Flexprojektes ein und zeigte die Ertragspotenziale und die Randbedingungen dieses Projektes auf.
Die Biogasanlage produziert kontinuierlich – das BHKW nutzt den Gaspeicher
Zwei vorgestellte Flex-Fahrpläne gaben den Teilnehmern einen sehr konkrete Vorstellung, wie optimale Stromproduktion und eine lückenlose Wärmeversorung von Wärmekunden sich mit einem stressarmen Betrieb verbinden lassen. Dazu gehören die von Michael Wentzke von der IG Biogasmotoren vorgestellten Voraussetzungen der BHKW-Technik, die sich mit modernen Biogasmotoren problemlos erfüllen lassen. Im Bereich der Biogasaufbereitung und der Trafostation sind die notwendigen Anpassungen etwas aufwändiger, sorgen dann aber mit der übrigen Anlagen-Peripherie für zuverlässigen Betrieb. Eine sorgfältige Wartung und durchgehende Überwachung der Betriebsparameter des Biogas-BHKWs ersparen den Betreibern kostentreibende Überraschungen und ermöglichen erst die gewünschten Zusatzerträge aus der Flexibilisierung.
Jörg Richter von der Caterpillar Energy Solutions GmbH informierte die Betreiber über die in der jüngsten Zeit vorgenommenen Verbesserungen an der MWM Gasmotoren-Baureihe TCG 2016, die zu mehr Zuverlässigkeit im Felde führen sollen. Neben den modifizierten Biogasmotoren wurden auch die für Flexbetrieb modifizierten Serviceverträge präsentiert und angeregt diskutiert. Betreiber äußerten schon die klare Erwartung, das neben der besseren Zuverlässigkeit der Aggregate auch eine faire Risikoaufteilung im Flexbetrieb mit Blick auf die Instandsetzungskosten vorgenommen wird.
Flexibilisierung zum Anfassen – was ändert sich im Betrieb?
Die Steuerung des BHKWs erfolgt nach einfachen, transparenten Regeln und wird die größte (positive!) Veränderung für Betreiber mit sich bringen, die bislang nur Volllast-Betrieb kennen. Es wird etliche Stunden in der Woche geben, wo im BHKW-Container Stille herrscht – vor allen Dingen nachts. Mehrere Triebwerke teilen sich die Aufgabe, zu Zeiten hoher Strompreise an der Strombörse Vollgas zu geben und in Zeiten schwacher Stromnachfrage mit niedrigen Preisen nicht zu produzieren.
Die Biologie in den Fermentern kann dieser Dynamik nicht so ohne weiteres folgen, daher sollte sie auch weiter mit konstanter Fütterung kontinuierlich Biogas produzieren. Der ausreichend groß bemessene Gasspeicher erlaubt den BHKWs den vorberechneten, optimalen Fahrplan abzufahren. Damit Wärmekunden mit ihrem Bedarf nicht zu kurz kommen, wird entweder ein Wärmespeicher eingesetzt oder in der Fahrplanberechnung dem Wärmekunden Vorrang eingeräumt.
All dies kann ein Betreiber nicht mehr selbst von Hand optimieren, dahinter stehen mehrdimensionale mathematische Modelle, die täglich einen rollierenden Fahrplan für eine Woche ausgeben. Das macht die SK Verbundenergie schon für zahlreiche Betreiber sehr erfolgreich und entlastet diese deutlich in ihrem Alltag.
Eine Glaskugel für die Zukunft der Biogasbranche?
Die von den Teilnehmern durchaus sorgenvoll und skeptisch gestellte Frage, was wird nach dem Auslauf des EEGs kommen, ließ sich nicht abschließend beantworten – was zu erwarten war. Die grundsätzlichen Trends einer steigenden Volatilität der Strompreise nach dem Abschalten weiterer konventioneller Kraftwerke und der Atomkraftwerke kommen zwar der Biogasbranche mit bedarfsgerecht produzierenden BHKWs entgegen.
Aber wie sich die Anbieter im Ausschreibungsverfahren verhalten werden, ist noch unklar. Ein strammes Kostenmanagement und Zusatzerlöse über verkaufte Wärmemengen sind sicher Voraussetzungen für eine gute Profitabilität der flexibilisierten Anlage.
Anhand klarer Kriterien gründlich entscheiden
Die Veranstalter haben sich zum Ziel gesetzt, mit den geplanten Praxisworkshops Flexibilisierung Betreibern, die noch nicht entschieden sind, ob sie flexibilisieren wollen oder nicht, eine saubere Entscheidungsgrundlage zu liefern – und zwar ergebnisoffen. Es sollte sich kein Betreiber in eine große Investition zur Flexibilisierung “hineinreden” lassen. Eine Entscheidung über ein Flexprojekt hängt in großem Maße von den individuellen Voraussetzungen des Betriebes ab. Pauschale Aussagen sind wenig hilfreich. Mehrere Voraussetzungen sind zu erfüllen, um erfolgreich zu flexibilisieren.
Wir treten in der Reihe der geplanten Praxisworkshops für Sie als Betreiber an, damit Sie eine gute, tragfähige Entscheidung für oder gegen Flexibilisierung treffen können und alle wichtigen Aspekte bedacht und bewertet werden können. Dafür ist dieser Tag mit dem Motto “Flexibilisierung zum Anfassen” sicher eine gute Investition. Die weiteren Termine finden Sie oben rechts auf der Startseite der Website der IG Biogasmotoren.